Bayer erhält die Zulassung für ein neues Mittel zur Varroabehandlung.
In dem folgenden Text geht es um die Ursachen des Bienensterbens. Ist die Varroamilbe die Hauptursache und welche Rolle spielt die Chemie in Form von Pflanzenschutz und Insektenvernichtungsmitteln.
Ausschnitt aus den Artikel: „Neonikotinoide-Insektizide als Verursacher des Bienensterbens „, ein Addendum zu H.J. Flügel von Prof. Dr. med. Klaus-Werner Wenzel.
Zusammenfassung zur Wirkung der Neonikotinoide.
Es ist festzustellen, dass für früher im Zu-
sammenhang mit Verlusten bei Honigbie-
nen unverständliche biologische Phäno-
mene durch die Forschungsergebnisse der
letzten Jahre zu erklären sind. In der Regel
sind die subletalen Auswirkungen der sys-
temischen Pestizide, insbesondere der
Neonikotinoide ursächlich, wobei der Be-
einträchtigung oder Aufhebung der Im-
munantwort eine zentrale Rolle zukommt.
Die vor allem in Deutschland von der
Agro/chemischen Lobby und auch offizi-
ösen Instituten vertretene Beschuldigung
der Varroa-Milbe als Ursache für das Bie-
nensterben ist wissenschaftlich nicht zu
belegen. Die nur in Stöcken der Honigbie-
ne existierenden Varroa-Milben schwä-
chen die Bienenlarven, aber sie töten die-
se nicht. Sie tragen indirekt zum Bienen-
tod bei, indem sie die Bienen vermutlich
an Einstichstellen mit Pathogenen infizie-
ren. Dieser Vorgang ist aber möglicherwei-
se bereits historischer Natur; denn zumin-
dest für das deletäre DWV-Virus ist erwie-
sen, dass die Viren schon in den Eiern und
im Drohnensamen enthalten sind. So ist
die DWV-Infektion (nach möglicher Erst-
infektion durch Varroa) weltweit verbrei-
tet. Aber in gesunden Bienenstöcken leben
sie verdeckt ohne Schaden anzurichten.
Erst durch genomische Immunsuppression
infolge von NN-Belastung werden diese
Viren virulent (Di Prisco et al., 2013).
Eine weltweite Metaanalyse aus 838 Ver-
öffentlichungen hat aufgedeckt, dass nicht
nur Honigbienen und andere Insekten
durch Neonikotinoide geschädigt werden,
sondern dass inzwischen die Biodiversität
als solche in Gefahr und zum Teil schon
geschädigt ist (Pisa et al. 2014, EASAC
2015).
Nach Fertigstellung dieses Textes wurde
Anfang April 2015 eine Expertise von un-
abhängigen Wissenschaftlern für die EU-
Kommission veröffentlicht, in welcher die
allgemeine Gefährdung der Biodiversität
und der menschlichen Ernährung durch
NN hervorgehoben wird. Die durchweg
prophylaktische Anwendung der NN wird
abgelehnt. Stattdessen soll konsequent
der Aufbau eines IPM (Integrated Pest Ma-
nagement), also einer Integrierten Schäd-
lingsbekämpfung angestrebt werden, was
z.B. die Rückkehr zu alternierendem
Pflanzenanbau erreichen kann.
Der Ernst der Lage kann daraus abgelesen
werden, dass diese Eingabe an die EU-
Kommission von der EASAC getragen
wird, dem Rat von 29 europäischen Nati-
onalen Akademien der Wissenschaften
unter Führung der deutschen LEOPOLDI-
NA. Die EASAC-Vollversammlung der 29
Delegierten dieser Wissenschaftsakademi-
en tagt zweimal pro Jahr in einer der eu-
ropäischen Hauptstädte (ESAC 2015).
Politischer Hintergrund
USA
Die US-Umweltschutzbehörde EPA (Envi-
ronment Protection Agency) legt nach wie
vor ein Industrie-freundliches Verhalten
an den Tag. Zum Beispiel hatte sie gegen
den Rat des eigenen wissenschaftlichen
Beirats Clothianidin („Poncho“) von Bay-
er Crop Science im Jahre 2003 zugelassen.
Mehrere Petitionen und auch Klagen ge-
gen die weitere Zulassung wurden igno-
riert. Anlässlich des Verbotes in der EU
wurde 2013 erneut verlautbart, dass keine
sicheren Schäden durch die Neonikotino-
ide nachweisbar seien, und eine nächste
Prüfung fasse man für 2019 ins Auge.
Europa
Bei der EFSA (European Food Safety Au-
thority) hatte sich Ende 2012 eine kriti-
sche Mehrheit für ein Verbot der häufigs-
ten Neonikotinoide ausgesprochen und
mit knapper Mehrheit haben die EU-Re-
gierungen daraufhin erst einmal auf zwei
Jahre befristet am 29. April 2013 die drei
gefährlichsten NN Imidacloprid („Gau-
cho“ von Bayer), Thiamethoxam („Crui-
ser“ von Syngenta) und Clothianidin
(„Poncho“ von Bayer) für Bienen-attrak-
tive Pflanzen verboten. Angesichts der
großen Zahl von Untersuchungen mit ne-
gativem Ergebnis für die NN in jüngster
Zeit steht eigentlich zu erwarten, dass das
Teilverbot im Dezember 2015 zumindest
verlängert wird. Eine Verschärfung wäre
angebracht, denn das gegenwärtige Teil-
verbot nimmt nur ca. 25% der NN aus dem
Handel (zu bedenken vor allem auch die
jahrelangen Halbwertzeiten der Substan-
zen).
Deutschland
Ungünstig erscheint dagegen die Situa-
tion in Deutschland. Hier erklären die
Chemie-Lobby und die Bienen-Institute
der Länder unisono die Varroa-Milbe zum
Bienenkiller Nr. 1, ungeachtet der inter-
nationalen Forschungsergebnisse über die
verheerenden Wirkungen der systemi-
schen Insektizide. Das Industrie-gesteu-
erte „Deutsche Bienen-Monitoring“ wurde
nach zehn Jahren im Jahr 2013 kläglich
eingestellt, mit dem Ergebnis, kurz ge-
fasst: Varroa ist „unzweifelhaft die Haup-
tursache der Völkerverluste“, gefolgt von
Pathogenen. Von der internationalen
Wissenschaft und von der EU-Kommission
wird dieses „Deutsche Bienen-Monito-
ring“ nicht einmal erwähnt. Als Fortfüh-
rung erscheint das gerade in die Presse
lancierte Projekt „SMARTBEES“, das am
Länderinstitut für Bienenkunde in Hohen-
neuerdorf in Brandenburg koordiniert
wird, und von der EU mit sechs Millionen
Euro gefördert wird. Mitarbeiter sind Ge-
netiker, Parasitologen, Virologen, Mole-
kular-Biologen, Immunologen, Kommu-
nikationswissenschaftler, Bienen-Spezia-
listen aus elf Ländern (aber Toxikologen?
Fehlanzeige!). Ein Thema ist die „gefähr-
liche Dreiecksbeziehung Biene-Milbe-
Viren“, wobei man die Mechanismen er-
gründen will, wie mit der Milbe aus harm-
losen Viren tödliche Viren werden. Eine
eigentlich unglaubliche Fragestellung,
wenn man die klaren Ergebnisse von Di
Prisco et al. (2013) kennt, wonach NN
auf molekularer Ebene die Immunantwort
Dosis-abhängig unterdrücken und Dosis-
abhängig das Genom des DWV-Virus ver-
mehren. Diese immunologischen Zusam-
menhänge werden auch in der oben ge-
nannten Expertise der europäischen Wis-
senschaftsakademien in den Vordergrund
gestellt (EASAC 2015).
Eine andere „gefährliches Dreiecksbezie-
hung“ bedarf eher der Aufklärung: ge-
meint ist das Dreieck „Agro-/Chemie-Lob-
by – (durch Steuern bezahlte) deutsche
Bienen-Institute – deutsche Zulassungs-
und Kontroll-Behörden“. Dazu zwei Bei-
spiele:
BfR (Bundesinstitut für Risiko-Bewer-
tung): Am 30. März 2015 erfuhren deut-
sche Naturschützer aus der französischen
Zeitung „Le Monde“ Erschreckendes über
das schon öfter durch befremdliche Risiko-
Bewertungen (aktuell zu Glyphosat) auf-
gefallene BfR. Le Monde enthüllte, dass
die BfR-Kommission für „Pestizide und ihre Rückstände“ zu einem Drittel direkt
von der Chemie-Industrie besetzt wird. Le
Monde belustigt sich, dass es in Deutsch-
land offenbar normal sei, dass „Industrie-
Vertreter auch die Begutachter ihrer eige-
nen Produkte sind“ (Foucart 2015)…………….